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Interview mit Joachim Brenncke, Vorstandsvorsitzender Förderverein Welterbe Schwerin

Engagament für die Zukunft - das Welterbe Schwerin

Foto: Welterbe Schwerin Förderverein

Die Anerkennung des Schweriner Residenzensembles als UNESCO-Welterbe war das Ergebnis eines langjährigen Engagements zahlreicher Akteure. Der „Welterbe Schwerin Förderverein e. V.“, gegründet 2015 unter Mitwirkung von Joachim Brenncke, spielte dabei eine Schlüsselrolle. Seit 2000 wurde intensiv an der Bewerbung gearbeitet, bis das Ensemble am 27. Juli 2024 in die UNESCO-Liste aufgenommen wurde. In einem Interview sprechen wir mit Joachim Brenncke über sein Engagement und über die zukünftige Entwicklung der Stadt Schwerin im Umgang mit dem Welterbe.

Abb. 1: Schweriner Schloss – das Herzstück des Residenzensembles Schwerin – ist Teil des UNSECO-Welterbes, Foto: Welterbe Schwerin Förderverein

Engagiert sich ehrenamtlich im Welterbe Schwerin Förderverein: Joachim Brenncke, Architekt und ehemaliger Präsident der Architektenkammer M-V 

Zur Homepage des Fördervereins:
www.welterbe-schwerin.de

Joachim Brenncke | Foto ©Till Budde

Herr Brenncke, zunächst möchten wir Ihnen und allen Beteiligten zur erfolgreichen Anerkennung des Schweriner Residenzensembles als UNESCO-Welterbe herzlich gratulieren. Gab es während des Prozesses Momente, in denen Sie Zweifel hatten, ob das UNESCO-Komitee eine andere Entscheidung treffen könnte? 

Joachim Brenncke: Vielen Dank! Als Ehrenamtliche im Förderverein waren wir von unserem Erfolg überzeugt. Je näher der Entscheidungstag rückte, desto größer wurde die Spannung, wie das UNESCO-Komitee entscheiden würde. Die Initiative für diese Bewerbung wurde bereits im Jahr 2000 ergriffen und seit der Vereinsgründung 2015 widmeten wir uns als Akteure in diesen Prozess zehn Jahre lang intensiv dieser Aufgabe. Zweifel hätten uns nicht weitergebracht – die Überzeugung und eine gute Vorbereitung haben uns erfolgreich durch dieses Vorhaben begleitet. 

Der Förderverein Welterbe Schwerin hat wesentlich zur Bekanntmachung des Welterbestatus in der Stadtgesellschaft beigetragen. Welche Rolle spielte dabei Ihre Expertise als Architekt und Netzwerker? 

Joachim Brenncke: Unsere Aufgabe war es, die Stadtgesellschaft mitzunehmen und von den Vorteilen des Welterbes zu überzeugen. Antragstellerin ist die Stadt, begleitet durch den Landtag und die Landesregierung. Für das Gutachten ist die Stadt zusammen mit einem Expertenbeirat verantwortlich. Als Förderverein waren wir in alle wesentlichen Schritte eingebunden. Die fachliche Expertise als Architekt war unter anderem bei der Einschätzung und Bewertung von Maßnahmen zur Bewerbung des Kulturerbes gefragt. Bei der Entwicklung eines Corporate Identity durch die Hochschule Wismar war ebenfalls unser Förderverein beteiligt, um die richtige Gestaltung zu finden. Meine Netzwerkerfahrungen halfen dabei, die verschiedenen Akteure zusammenzubringen und den Austausch zu fördern. 

Südlicher Schweriner Schlossgarten |  Foto: Matthias Proske
Südlicher Schweriner Schlossgarten | Foto: Matthias Proske
Alte Artilleriekaserne Schwerin (außen) heute Finanzamt | Foto: Jörn Lehmann
Alte Artilleriekaserne Schwerin (außen) heute Finanzamt | Foto: Jörn Lehmann
Landeshauptarchiv Schwerin | Foto©BRENNCKE ARCHITEKTEN
Landeshauptarchiv Schwerin | Foto©BRENNCKE ARCHITEKTEN
Landeshauptarchiv Schwerin | Foto©BRENNCKE ARCHITEKTEN
Landeshauptarchiv Schwerin | Foto©BRENNCKE ARCHITEKTEN
Luftbild Residenzensemble Schwerin | Foto: Welterbe Schwerin Förderverein
Luftbild Residenzensemble Schwerin | Foto: Welterbe Schwerin Förderverein
Alte Artilleriekaserne Schwerin (innen) heute Finanzamt | Foto ©Jörn Lehmann
Alte Artilleriekaserne Schwerin (innen) heute Finanzamt | Foto ©Jörn Lehmann

Mit der Anerkennung des Schweriner Residenzensembles als Welterbe wurde ein wichtiges Ziel erreicht. Ist die Arbeit des Fördervereins damit abgeschlossen, oder gibt es neue Aufgaben? 

Joachim Brenncke: Die Arbeit ist keineswegs abgeschlossen. Wenn man etwas richtig und mit Herzblut durchführen möchte, brauchen wir als Verein ein konkretes Ziel. In einer unserer nächsten Vorstandssitzungen werden wir diskutieren, ob wir weiter machen möchten und wenn ja, mit welchen Themen, die auch Menschen erreichen. Ein erster Schritt wäre, sich in der Konstellation der Akteure auf eine klare Zuordnung von Verantwortlichkeiten zu einigen. Denn die Antragstellerin ist die Landeshauptstadt Schwerin, es gibt die Welterbe-Managerin mit genauen Aufgabenbereichen, der Landtag ist verantwortlich für das „Kronjuwel“, dem Schweriner Schloss, sowie das Kultusministerium mit einem Standpunkt. Der Förderverein konnte sich erfolgreich mit dafür einsetzen, dass die Entscheidung für eine Kopplung des Stadtgeschichtlichen Museums konzeptionell mit dem Welterbe-Informationszentrum angenommen wird. Den Standort sowie der Prozess und die Diskussion zur Frage, wie ein modernes und zeit gemäßes Gebäude im Kerngebiet des Welterbes am Schlachtermarkt integriert werden kann, das mit dem Umgebungsbestand korrespondiert und inhaltlich die 1000-jährige Geschichte Mecklenburgs präsentiert, könnte der Förderverein ebenfalls begleiten. Mit diesem Anliegen auf Politik und Wirtschaft einzuwirken, kann eine neue Aufgabe des Fördervereins sein. Aber auch in der Kinder- und Jugendarbeit gibt es Bedarfe der jungen Generation, das Welterbe und die Geschichte dazu näherzubringen beispielsweise mittels digitaler Rundgänge. Bei der Entwicklung von digitalen Rundgängen durch Objekte, die so nicht öffentlich zugänglich sind, könnte der Förderverein finanziell behilflich sein. 

Sie haben betont, dass „eine Stadt niemals fertiggebaut“ sei. Welche Perspektiven sehen Sie für die Entwicklung Schwerins und das Welterbe? 

Joachim Brenncke: Wenn neue Bauten in der Altstadt entstehen, ist selbstverständlich der Denkmalumgebungsschutz zu beachten. Zukünftig wird ICOMOS Neubauten bewerten. Aber auch moderne Architektur kann im Welterbegebiet Platz finden, wenn sie gut gestaltet ist. Wichtig jedoch ist, dass Bestandsgebäude, insbesondere die historischen Gebäude des Residenzensembles, in Nutzung bleiben - aktuell trifft dies auf alle 38 Gebäude der gesamten Residenzinfrastruktur zu. Als Architekt sehe ich die Chance, dass Fachleute stärker in Entscheidungsprozesse einbezogen werden, um eine fundierte Diskussion über gute Architektur zu führen.

Das Residenzensemble umfasst mehr als 30 Bauten, Parks und Gärten, viele davon wurden von Architekten für neue Nutzungen instandgesetzt. Sehen Sie den Welterbetitel auch als eine Anerkennung für die planenden Berufe? 

Joachim Brenncke: Zu erkennen, dass es sich bei den Bauten des Residenzensembles um besonders wertvolle Gebäude handelt, ist Teil unseres Berufes. Die Anerkennung des Welterbes ist auch eine Würdigung der Leistungen der Architekten, die diese historischen Gebäude erhalten und zeitgemäß weiterentwickelt haben. Im Fall des Landeshauptarchivs durften wir zum Beispiel die anspruchsvolle Aufgabe übernehmen, eine moderne Archivnutzung in einem denkmalgeschützten Gebäude umzusetzen. Dass die Arbeiten der Kolleginnen und Kollegen zum Welterbetitel beigetragen haben, kann gerne als eine große Ehre für unseren Berufsstand verstanden werden. 

Was wäre Ihr persönlicher Wunsch für den zukünftigen Umgang mit dem Welterbe in Schwerin? 
Joachim Brenncke: Mein Wunsch ist eine gelebte Willkommenskultur in Schwerin, die auch ein internationales Publikum anzieht. Dabei geht es nicht nur um attraktive Angebote in der Gastronomie und Hotellerie, sondern auch um eine positive Atmosphäre, die den Charme und die Bedeutung des Welterbes widerspiegelt. Wenn wir es schaffen, dass Menschen mehr miteinander und vor allem über Schwerin reden und positive Eindrücke weitertragen, können auch viele von einem gelebten Welterbe wie es das Residenzensemble Schwerin ist, profitieren. Es wäre wunderbar, wenn Schwerin als Welterbestadt weiterwächst und sich positiv entwickelt – für die Bürgerinnen und Bürger, die Wirtschaft und die Gäste. 

Vielen Dank, Herr Brenncke,  für das Gespräch!